Gemein: Wir ham den Diktat-Salat und Ihr den Sonnenschein!

17.1.2015 admin ITALIEN-Hintergrundinfo

Dass „angst“ und „kindergarten“ ihren festen Platz im englischen Sprachgebrauch erobert haben, ist schon seit dem vorigen Jahrtausend eine solche Binsenweisheit, dass es nichtmal für ein RTL-Quiz reicht. Davon abgesehen ist sie auch sonst ziemlich uninteressant. Spannend sind dagegen neusprachliche Einwanderungen wie „diktat“, „realpoltik“ und „panzer“, die in letzter Zeit den italienischen Sprachschatz bereichert haben. „Panzer“ machten naheliegenderweise den Anfang und marschierten vom Fußballfeld her ein; der endgültige Durchbruch erfolgte dann mit der Champions-Ligue-Saison 2012/13, als Dortmunder Borussenfront und Münchener Schickeria bis ins Endspiel alles (aber auch alles) aus dem Weg kegelten.
_____________“Realpolitik“ wurde in der Post-Berlusconi-Ära populär, insbesondere durch die von Bersani, Letta und natürlich Renzi geführten quasi-sozialdemokratischen Regierungen des PD. Diese Demokratische Partei ist das Postprodukt der verblichenen Kommunistischen Partei, die über eine noch angepasstere Linkspartei und deren Fusion mit einer reformkatholischen Kleinpartei zu ihrer heutigen Hochform auflief, in der ganz zurecht der aktuelle Turbo-Modernisierer Renzi („jeden Monat eine Reform“) die Spitzenposition einnimmt. Dieser Vertreter des am wenigsten linken Flügels einer schon insgesamt nur noch zentristischen Mutation verkörpert „Realpolitik“ bis ins sprichwörtlich Buchstäbliche – und garniert die abgerippte Gestalt mit einem bombastischen Stakkato an modischen Hohlwörtern. Die auf externe Investitionen, Privatinitiativen und Sponsoren setzende Schulreform seiner „buona scuola“ z.B. wird in einen derart dämlichen Marktsprech-Nebel gehüllt, dass keine/r mehr dagegenhalten kann. Da ist von „problem solving“, „decision making“, „coding“ und „gamification“ die Rede, von „digital makers“ und „early leavers“, „crowdfunding“ und „social impact bonds“ als beispielhaft realpolitische Rezeptur einer Bildungspolitik, die im altneoliberalen Mantra „bring your own device“ (nämlich Deine Lernmittel selber mit) gipfelt: wow! „Realpolitik“ globalized…
_____________Das Master-Passwort deutscher Einwanderungen ins italienische Vokabular lautet allerdings „diktat“, meist in Kombination mit „Merkel“ oder „tedesco“. Es beschreibt exakt, was der Marktschreier Renzi mit viel Buhei zu vernebeln sucht: In Italien wird nicht mehr souverän regiert, insbesondere die Ausgabenpolitik wird von der Troika unter der politischen Führung der deutschen Kanzlerin diktiert; Geld fließt nur mit Genehmigung, also wenn deren Klientel davon profitiert. Multinationale Großprojekte wie der irrsinnige Schnellbahn- und Tunnelbau von Lyon nach Turin (um letztlich eine West-Ost-Trasse bis an die Ukraine zu etablieren) tief durch den Alpenstock passen da; sinnvolle Investitionen z.B. zum Erhalt der einmaligen italienisch-französischen Tenda-Bahn oder in Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz hingegen nicht. Und der dickste Streich dieses daumengeschraubten Ausverkaufs wird noch erbittert vertuscht und geheimgehalten, dabei war es doch 2014 schon so offenkundig:
_____________Sogar Italiens Sonne hat die Merkel jetzt im Schutz von Nacht und Nebel heim ins Reich geholt. Im Süden blieb ein Düsterjahr ohne Luxe und Sommer, ein nasser und verhagelter Frühling, der direkt in einen auch bloß katzengoldenen Herbst überging. Brüder, Schwestern, holt Euch die Freiheit, die Sonne zurück! 2015, mit Glück.
FILM-TIP: „Wer Rettet Wen? Die Krise als Geschäftsmodell auf Kosten von Demokratie und sozialer Sicherheit“, eine internationale Koproduktion der von unten finanzierten „Kernfilm“ (Leslie Franke und Herdolor Lorenz), hat am 11.02.2015 gegen 20 Uhr in mindestens 150 europäischen Städten gleichzeitig Premiere. Er zeigt, wie seit 5 Jahren Banken und Staaten gerettet werden und wer dabei wirklich gerettet wird, während mitten in Europa Menschen wieder für Hungerlöhne arbeiten. In Aschaffenburg läuft die Premiere in der Kulturkneipe STERN des „Vereins zur Förderung alternativer Kultur und politischer Bildung“, Platanenallee 1 –> weitersagen!


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