Aufgewacht: Verdammte von Europa machen kräftig Alarm! Europäischer Frühling 2015 vor der Tür

23.3.2015 admin GÄSTEBUCH-Einträge

„Die leitenden Deutschen probieren gerade noch, mit allen letzten Mitteln die verrücktgewordenen Griechen zu desavouieren“, hieß es im Februar-Newsletter zum Schluss des ersten Teils des hier fortgesetzten Artikels, „dabei regieren dort immerhin richtig vernünftige Leute.“ Die hysterische Hektik und der machtbornierte Fanatismus, mit dem dabei gegen die neugewählten Griechen gekeilt wird, entspricht der verbissenen Ernsthaftigkeit des herrschenden Anliegens, nur ja keine abweichenden Perspektiven zur alternativlos deutsch-geführten EU-Politik flächendeckender Ausbeutung und Verarmung auch nur denkbar zu lassen; schon gar nicht systemsprengende Visionen eines „anderen Europas“ z.B. der Menschen statt der Konzerne, wie sie von SYRIZA immer wirkungsvoller repräsentiert werden. Das von deren Finanzminister so charmant benannte Alleinstellungsmerkmal „Wir sind immerhin nicht korrupt (wenigstens noch nicht)“ unterscheidet sie nämlich nicht nur von griechischen Regierungsvorgängern, sondern der gesamten EU-Apparatur, die auf’s Systemrelevanteste mit nicht legitimierten, korrupten und kriminellen Verlaufsformen (statt etwa Demokratie und Menschenrechten) durchexerziert wird. Die Protestierenden haben recht und erfahren zunehmend Zustimmung und Unterstützung: europaweit und darüberhinaus.
Dagegen helfen v.a. in Deutschland allemal krumme Hiebe unter die Gürtellinie am Besten, die schnell den Applaus des Publikums finden. Ein Beispiel ist die vom rechten Klugsprechblatt FAZ verbreitete Titulation „Links-Rechts-Regierung“ (weil von 14 Kabinettsposten einer durch die konservative Abspaltung „Unabhängige Griechen“ besetzt wurde), die vom konformen Staatskabarett auf den billigen Plätzen in der Art „Gysi besteigt Lucke“ nachkalauert wird. Nun ist Gysi ja offenkundig schon deshalb kein Tsipras, weil er vor der Frage, wo er die zur absoluten Mehrheit fehlenden 2 Bundestagssitze herkoalieren soll, in diesem Leben nicht mehr stehen wird. Noch weniger ist Kammenos, der wegen der Troika-Hörigkeit der konservativen Regierungspartei vor gut 3 Jahren ebendort ausgeschiedene Politprofi, ein von rechts bürgerbewegter öder und blasser Wirtschaftsprofessor, der seinen politischen Seitenein- und -aufstieg einer diffusen Volkesstimmung aus klassistischem Dünkel, rassistischem Ressentiment und pegiotischem Antiislamismus verdankt. Eher vom Typ FJS (und in dieser Weise vielleicht ähnlich rechts), würde er sich außerdem auch nie
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besteigen lassen, sondern er hat 3 klare Prioritäten auf der Agenda, die den ganzen Rest des kaum syriza-kompatiblen ANEL-Programms vernachlässigbar machen, weshalb die Koalitionsverhandlungen ja auch in europäischer Rekordzeit abgehakt waren: das kategorische Nein zur Troika („nicht einmal tot“ würde er sich an einer Jasager-Regierung beteiligen), der schon antikoloniale Befreiungskampfansatz gegen die Diktate der Deutschen (bewusst in die Partisanentradition gestellt) und das vergnügte Wohlwollen gegenüber Tsipras, dem er gern die Rolle des ungehobelten Berserkers abnimmt (mit so lustigen Äußerungen wie jenen, dass es außer der EU auch noch andere Kreditoptionen gebe, etwa in Russland, oder dass Griechenland eintreffende Flüchtlinge gerne auch mit EU-gültigen Visa ausgestattet weiter nach Norden reisen lassen könne). Die Gründungserklärung der ANEL wurde passend in Distomo verkündet, Schauplatz eines von vielen bis heute unentschädigten NS-Massakern an der Zivilbevölkerung (wie sie auch in Italien existieren) mit 218 bestialisch Ermordeten, mehrheitlich Frauen und Kinder. Und ab hier verbieten sich sowieso alle Vergleiche des orthodoxen Antitroikers mit katholischen Ex-NS-Führungsoffizieren, evangelischen Deutsch-Alternativen mit Pickelhaube oder was im Reich der Gasmänner und Genickschusshelden heute sonst so als rechts gelten mag. Die schulden ja sogar noch Zwangsanleihen aus der Besatzungszeit.
Da können auch im Stammland der verfolgenden Unschuld und des schlechten Benehmens schonmal Ahnungen von der ganzen Ungehörigkeit aufkommen – dafür (respektive dagegen) sind dann so rechte Dummschwätzblätter wie BILD zuständig, die in landesüblich herrenvölkischer Arroganz und Einigkeit von Schäuble bis Jauch gegen nicht mehr nur faule und korrupte, sondern inzwischen unverschämte Lügen-Griechen mit Stinkefinger hetzen. Wie dämlich dumpf und geschichtsvergessen muss eine/r denn sein, um solche herrschaftspolitischen Lebenslügen schamlos nachzubeten? Böhmermann, der neue Medien-Guerillero mit dem Grimme-Fernsehpreis, der kürzlich im Netz andeutete, „seine Leute“ könnten das Varoufakis-Video mit dem Steinbrückfinger selbst fabriziert haben, hat schon ganz richtig nachgefragt, ob die Deutschen, die in einem halben Jahrhundert zweimal Europa verwüstet hätten, sich nun echt über Finger aufregten? Und an die Meinungsmonteure aus der Jauchgrube: Die hätten mit Hilfe des Videos einen „griechischen Politiker am Stinkefinger durch’s Studio gezogen, damit sich Muddi und Vaddi abends nach dem Tatort nochmal schön aufregen können: ‚Der Ausländer! Raus aus Europa mit dem! Er ist arm und nimmt uns Deutschen das Geld weg. Das gibt’s ja wohl gar nicht. Wir sind hier die Chefs!'“
Soo abwegig ist es also nicht, in der deutschen EU-Politik einen weiteren „Krieg“ des Nordens gegen den europäischen Süden zu sehen, wie u.a. Kammenos das tut und dabei verspricht, „die Nazis erneut zu vertreiben“. Soo ungerechtfertigt ist es auch nicht, wenn etwa die Schwiegertochter unsres Nachbarn, nachdem sie erstmal warm geworden ist, „La Merkel è come Hitler“ äußert. Und dass jetzt die sauberen Herrschaften, die seit Langem systematisch mit rechtsradikalen Amts- und Würdenträger/innen sowohl innerhalb der EU (etwa aus Österreich, Ungarn, ebenso Italien) als auch außerhalb (wie in der Ukraine) zusammenarbeiten, auf einmal den „Rechtspopulismus“ des einen „Unabhängigen Griechen“ im Kabinett Tsipras anstößig finden, ist an Heuchelei-Monstranz nur noch von jenem historischen Versöhnungswitz zu toppen, wonach die Deutschen das mit Auschwitz den Juden nie verzeihen würden. Ein robuster Antifaschismus hingegen fängt, historisch und bis heute gültig, mit dem entschiedenen Widerstand von Partisan/innen gegen die deutschen Besatzungs- und Beihilfsorganisationen an, etwa 1941 in Griechenland. Das freilich sind bloß historische und politische Hintergrunddetails, die in Deutschland so wenig interessieren wie die schlimme Soziallage im Süden der EU und die real darunter leidenden Menschen im Konkreten.
————————————-[SEITENWAHL: Das alte EUropa oder l’altra Europa?]—————————-
Das neue Griechenland mit SYRIZA und Tsipras steht aktuell vor dem riesigen Problem, seine radikale Befreiung vom lebensbedrohlichen EU-Diktat nun auch durchzuführen – unter schwierigeren Bedingungen als sie etwa Ecuador oder Island vorfanden. Deren Währungs- und Staatsunabhängigkeit erleichterte es beiden, den zweifellos nötigen breiten Rücken auch mächtig gerade zu machen, um ein Schulden-Audit mit Schuldenschnitt bzw. ein Platzen der Spekulationsbanken mit Strafverfolgungen (statt unverdienter Entschädigungen) gegen den Druck der betroffenen und verbandelten Finanz-, Wirtschafts- und Staatsmächte erfolgreich durchzudrücken. Befreiung kann hier also durchaus glücken, ist -im EU-Kontext umso mehr- halt eine gewaltige Machtfrage, worüber sich die griechische Linke auch stets klargewesen ist (die Kommunist/innen haben daher gleich gesagt, dass das mit SYRIZAs Weg doch nix werden könne und diese früher oder später einknicken müssten), denn es wird fundamental das System in Frage gestellt, was nur von festen politischen Positionen außerhalb der eingefahrenen Machtstrukturen geht – wie einst bei Lafontaine als Finanzminister. Das kann angesichts der Kräfteverhältnisse bloß im Scheitern, als Fanal zum südeuropäisch-irisch verbreiterten Gesamtaufstand gegen die EU-Diktatherrschaft, noch erfolgreich enden – falls es der Tsipras-Regierung gelingt, sich nicht wieder heim ins Reich der Merkelmitte korrumpieren zu lassen und gleichzeitig lange genug die vielseitigen Anfeindungen innenpolitischer Art zu überstehen.
Statt so schweinchenschlaues Geschwätz von „Links-Rechts-Regierung“ über „Lügen-Griechen“ bis zum Steinbrückfinger nachzuplappern, käme es in den Metropolen darauf an, mit zur Faust geballten Blockupy-Fingern von unten den Innendruck „im Herzen der Bestie“ zu erhöhen, wie z.B. am 18.3., als mit der Eröffnungsparty des Frankfurter Milliarden-Neubaus der EZB genau die richtige Adresse getroffen wurde. Die spießbürgerlichen Empörungschöre, dass da irgendwelche Gewalt nur den Falschen helfe und irgendwelche subalternen Anliegen so leider nicht diskutiert werden könnten, sind dabei ebenso desinformierend wie irrelevant – sie kommen nämlich von falschen Leuten, die sich eh‘ niemals für die revoltierende Seite entscheiden werden und deren oberflächliches Interesse rein taktischer Natur ist: um den Anschein von Dialog zu wahren, Brisantes zerredend abzukühlen, sich schulmeisternd aufzuspielen, Ansatzpunkte zum Abweisen und Lächerlichmachen zu finden. Sie stehen mit ihren privilegierten Beinchen im Hof der Herrschenden und meinen bestenfalls, dort doch auch mal „über Raubtierkapitalismus reden zu müssen“. Vom Süden lernen heißt aber längst, sich von solchen Borniertheiten zu emanzipieren und zu kapieren, dass es da nichts mehr zu bereden, sondern in erster Linie sich wehrend zu bekämpfen gibt. Blockupy ha ragione e basta. Link-Tip –> http://www.notroika.org/artikel/fuer-den-europaeischen-fruehling-einen-neuen-schritt-gehen


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