SMARTPHONEGEDADDEL – „Always on“ zum Klimakollaps

23.9.2019 Sil LIGURIEN bereisen

Was so ein Smartphone für Funktionen hat! Ist das nicht toll? Telefonieren ist da schon lange Nebensache. Mein letztes Handy vor 11 oder 12 Jahren war bereits internetfähig, aber bei dem kleinen Bildschirm war das uninteressant und das Funknetz war dafür noch nicht gut genug ausgebaut. Sowas wie ein Smartphone hätte ich mir nie vorstellen können und heute steht es bei einem großen Teil der Bevölkerung im Mittelpunkt.
Ich bin damit ja so flexibel. Ich kann überall alles Mögliche abrufen und es ist so handlich, anders als ein Laptop. Mir wird nirgends mehr langweilig, nicht im Bus, in einem Wartesaal oder sonst wo. Alles habe ich dabei: Filme, Musik, Hörbücher, Whatsapp und Konsorten, Ebay und Amazon, Banking-, Lern- und Sach-Apps. Ich krieg alles mit und jeder kann mich erreichen. Eigentlich brauche ich gar nichts mehr. Schade dass mich das Gerät nicht ernähren kann, denn bei all der Zeit, die ich mit ihm verbringe, werden die alltäglichen wichtigen Dinge schon lästig. Ich such‘ mal bei Google… Was, schon wieder ein Update? Wieviel MBs das braucht! Ich hab doch nur 1GB, und mit denen wollte ich doch noch… Und was ist jetzt schon wieder los? Da wollte ich nur mal schnell nachschauen, wann mein Bus fährt und dann hab‘ ich nicht genug Empfang. Was war das grad wieder für ein Signal? Ah, eine Benachrichtigung! Oh, nur von dieser blöden App. Ich habe keine Ruhe mehr. Eine Message von Tina. Ich lieg‘ doch schon im Bett! Worum geht es denn? Die linke Zehe juckt. Oh, gute Nacht!
Aber was toll ist, ich habe alle Nachrichten und Magazine online. Gleich mal in der Dödeldaddel-Zeitung nachschauen: Oh, toll, den Artikel schicke ich doch sofort an Andi. Was stand da noch? Gleich mal weitergooglen, mal sehen, was das eigentlich bedeutet. Ah, so. Und was meinen die jetzt damit? Mal Google fragen. So viel Auswahl, ich nehme den ersten Tipp. Ok, aber was wollte ich anfangs eigentlich? Auch egal.
Was so toll klingt, hat auch seine negativen Seiten. Einerseits war es nie so einfach und billig, Wissen und Daten abzurufen wie heute. Aber es führt bei dem ganzen Gedaddel nur zu Zerstreuung, schwächt Konzentration und kritisches Denken, manipuliert, macht oberflächlich und bestimmt sogar das Leben. Und dann die ganzen Werbungen, die mit übermittelt werden! Was da an Daten verbraucht wird! Wenn man überlegt, wieviele Personen heutzutage ein Phone besitzen. Nach einer Studie von Bitcom nutzen heute in der BRD acht von 10 Menschen ab 14 Jahren eins, über 80% heißt gut 57 Millionen. Und alle daddeln im Durchschnitt 2 Stunden rum, die einen mehr, die anderen weniger.
Ich weiß jetzt keine detaillierten Verbrauchszahlen, aber der globale Energiebedarf der Digitaltechnologien ist heute schon so hoch, dass er die weltweiten Emissionen der zivilen Luftfahrt übertrifft, der sicherlich mächtig zur negativen Klimabilanz beiträgt und sich zudem alle paar Jahre rasant verdoppelt. Der Energieverbrauch durch die Datendaddelei ist zwar auch individuell am Akkuverbrauch zu erkennen, doch den größten Anteil tragen die aufgerufenen Rechenzentren wie z.B. von Google oder Amazon. Mal abgesehen von Smartphones: immer mehr Haushalte erzeugen über die heutigen Glasfasern enorm viel Datenverkehr – für Internet, Fernsehen, Musik, Spiele… 60GB Monatskonsum sind da oft wenig. Dabei ist vielen gar nicht bewusst, dass sie genau damit zum viel höheren Energieverbrauch hinter den Wolken beitragen – denn dieser bleibt schön in der „Cloud“ versteckt, weil er die private Stromnutzung nicht belastet. Und dann immer dieses hochgelobte „Umweltschutz durch Papiersparen“, wo wir uns nur noch mehr Digitalmüll zum Nutzen cleverer Anbieter haben aufladen lassen!
Bei uns gibt’s keinen unüberlegten Drauflos-Verbrauch jeglicher Art, das wollen wir nicht. Wir sind ja nicht umsonst in diesen wenig bewohnten Winkel Liguriens gezogen, wo wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können. Da sind alle Ressourcen knapp, auch der Datenempfang, und das ist auch von uns beiden so geplant. Wir benutzen sicherlich Internet, aber in Maßen und wohldosiert. Übrigens war die Tochter von unseren letzten Feriengästen sehr froh, mal keinen breiten Empfang zu haben: „Endlich Urlaub von den Freundinnen, WhatsApp, Instagram!“
Feierabend! Jetzt lese ich an meinem Roman weiter. In einem echten Buch. Das ist gesünder für die Augen und ich kann auch besser schlafen. Wenn ihr wissen wollt, welcher das sein könnte, dann schaut mal in die Literaturbesprechungen. Und auch die sind ausgedruckt noch besser und nachhaltiger zu genießen.
Gute Nacht, liebe Leut‘!


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