Drauflos mit allem Mut zur Lücke: Spaghetti alla puttanesca
Ein neues Rezept, so richtig ligurisch nach unseren Kriterien der hier ebenfalls nachschlagbaren ligurischen Rezepteliste – heute zu Ehren der anscheinend in den Ruhestand ein- und aus der jungen Welt ausgezogenen großartigen Ina Bösecke, deren samstägliche Rezepte stets so genial mit sozialrevolutionär zugespitzten Filmkritiken verbacken waren, dass der Erkenntnisgewinn ein doppelter war und der literarische Wert ein Droste mal drei sowieso. Nicht dass Maxi Wunder keine würdige Nachfolgerin wäre, im Gegenteil: Sie verbindet Ihre Kochrezepte ebenso originell und gekonnt mit klassenkämpferisch gedrehten Geschichten aus dem prallen Menschenleben, ob echt oder geflunkert, nur dass es halt leider keine dieser pointierten Filmkritiken mehr sind, mit denen Ina ihre Pol & Pott-Gerichte kredenzte. Maxi hat aber -jetzt als Coole Wampe rubriziert- neulich die zweitbesten Spaghetti aller Zeiten beschrieben, was meines Wissens die Bösecke mindestens in den letzten 10-20 Jahren der jungen Welt nicht machte, obwohl ebendiese SPAGHETTI ALLA PUTTANESCA das Hauptgericht im besten (deutschen) Großstadtmädchen-Serious-Movie aller Zeiten darstellten, erreicht vor Kurzem erst und lediglich durch Victoria. „Alla puttanesca“ wird meist als „auf nuttige Art“ übersetzt, aber wie viele solcher Übertragungen aus dem Frivolsprachlichen passt das im störchelnden Deutschen nicht wirklich – und schon gar nicht zu Sophiiiie! Besser wäre es mit „nach Schlampenart“ und einer Verbeugung vor all den von spießigen Fettbacken als widerspenstige Schlampen gedissten jungen Frauen, die wie Sophie so nicht so in die alte weiße Männerwelt deutscher Nation passen, dass sie darin erbarmungslos zuschanden geritten werden. Spaghetti alla arrabbiata erschließen sich begrifflich ja auch erst so richtig, wenn wir sie uns nicht nur „zornig“ vorstellen, sondern nach Art der vor Wut kochenden Hausfrau, die mit aller Schärfe ihren Göttergatten grad zur Hölle wünscht.
Alla puttanesca also führt uns das schöne Bild eines Spaghetti-Gerichts vor’s geistige Auge, wie Sophie es „beim Italiener“ liebt und auch selber zubereiten würde: Schnell schnell mal gucken, was da ist. Aha, Zwiebeln, Knoblauch, Oliven, Kapern, Thunfisch, geschälte Tomaten – passt doch. Salzwasser zum Kochen aufsetzen, ach, nun kommt unser süßer Kater Zizou, der will ein bisschen Körperwärme, weil es im Februar hier draußen auch in der Freiküche abends ohne Sonne rasch auf unter 5 Grad runtergeht. Naja, 5 Minuten kuscheln, solange das Wasser aufheizt. Dann die Spaghetti rein, daneben in einer ausreichend tiefen Pfanne Olivenöl erhitzen und die zuvor schon geschnittenen Zwiebel und Knoblauchs brutzeln – skandalöserweise zusammen, was eigtl. als No-Go in der guten Küche gilt. Geschälte Tomaten dazu und in der Pfanne zerkleinern, entsteinte Oliven dazu (aber nicht die feinen Taggiasca), Thunfisch (den Rest in der Dose schleckt der Tiger aus), Kapern dazu. Würzen mit Pfeffer, Salz und was als Drittes grad da ist (und zu Fisch passt, edelsüßes Paprika z.B.), dann noch den mit heißem Nudelwasser ausgespülten Tomatendosenrest dazu und das Ganze mit einem Ei binden. Zum Schluss die Kapern dazu und bei ausgemachter Flamme mit einem Schuss Fischsauce krönen. Die Spaghetti (sempre al dente) bei alledem immer mal umrühren und am End‘ bloß nie abschrecken, sondern lediglich abgießen, weil sonst zuviel von der Stärke verloren geht und die Sauce nicht mehr richtig haftet (so jemand braucht dann auch Löffel für die ganze im Teller übriggebliebene Sauce, original werden Spaghetti nämlich nur mit Gabel gegessen).
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