Literatur-Tip-Sammlung aus den Newsletters #30-42
Der erste Literatur-Tip, damals in der Nullnummer aus Nov.2010, war Vandana SHIVAs „Biopiraterie – Kolonialismus des 21.Jahrhunderts“ (Münster 2002, wiederholt in der Nr.1 im Quartal darauf), das sich auch 7 Jahre später noch in unseren Top-6 des umtriebigen Unrastverlags gehalten hat. Die Nr.2 stand wie seither jede Maiausgabe schon 2011 mehr oder minder stark im Zeichen des hiesigen antifaschistischen Partisanenkampfs 1943-45, denn schließlich ist der 25.April ja auch Resistenza-Gedenktag, der in unserer Region sogar noch aktiv begangen wird – der Literatur-Tip dazu war: Gino VERMICELLI, „Die unsichtbaren Dörfer“ (Zürich 1990). Was in den 30 Ausgaben bis Nov.2017 noch so folgte, findet sich HIER [öffnet neues Fenster] nachlesbar. Nun ist wieder ein gutes Dutzend beisammen – und gleich der erste Literatur-Tip in der Reihe sagt an, wo’s langgeht:
„Wer liest,“ steht da, „lebt länger – und besser sowieso. Gemeint sind richtige Bücher, die echtes Lesen erfordern, Zeitschriften und Bildschirme zählen also nicht, denn auf die Vertiefung kommt es an! Die bringt 2 Lebensjahre extra bei täglich 30 Minuten (alles Durchschnittswerte), ermittelt von der Yale University in einer Langzeit-Studie mit 3600 Teilnehmenden. Wer jetzt gleich massig Lesetips braucht, kann seit kurzem im Liguri-Blog auf „wwwebworks.net“ endlich -und pünktlich zum Newsletter Nr.30- die gesammelten Lese-Empfehlungen aus über 7 Jahren Newsletter nachgucken. Oder aktuell: James C.Scott, The Art of Not Being Governed, Yale University 2009″; Es folgte dennoch und wieso auch nicht ein langes Internet-Interview (http://www.melodieundrhythmus.com/mr-aktuell/entscheidend-ist-welche-haltung-wir-einnehmen/); Ein Doppelpack Murray Bookchin: Die nächste Revolution, Münster 2016 (eine inspirierende Aufsatzsammlung mit erfrischend und handgreiflich aktuellen Themenstellungen) sowie Die Ökologie der Freiheit, Weinheim 1985 (das bekannteste Buch vom Gründer des ‚Instituts für Soziale Ökologie‘ in Plainfield/Vermont 1974 – kurz, klassisch, knackig: „Das Ungleichgewicht, das der Mensch in der natürlichen Welt geschaffen hat, kommt vom Ungleichgewicht, das er in der sozialen Welt geschaffen hat.“);
2x hintereinander bekam den Literatur-Tip dann Pia Klemp, Allmende und Schrebergarten, Edition Contra-Bass; Daraufhin Uderzo & Goscinny, Asterix Bd.XVII ‚Die Trabantenstadt‘, Stuttgart 1974 (orig. Paris 1971); Im August 2019 folgte Jean Ziegler, Was ist so schlimm am Kapitalismus? Antworten auf die Fragen meiner Enkelin, München 2019; Und in der Nr.37 mal was kostenloses Onleinenes aus dem LiguriBlog (https://wwwebworks.net/category/literatur-tips-aus-der-natur/); Dann war’s auch schon 2020 und nach „Aus den Ruinen des Empires“ passgenau Zeit für das neue von: Pankaj Mishra, Zeitalter des Zorns, 2017 – ein anregendes Buch für Horizonterweiterung und Perpektivenwechsel;
Im Mai 2020 lächelte frech der Rote Tod in die schwarz werdende Welt und verwies auf die Gutenachtgeschichten IVa unseres LiguriBlogs, worinnen sich aktuell 2 wissenschaftliche Fachbücher besprochen fänden, die vom Dark Continent handelten. Wer ohnedies und gleich knietief ins „Taufbecken der Moderne“ einsteigen will, das sich als blutgeschmierte Mördergrube erweist, liest demnach: Achille Mbembe, Kritik der schwarzen Vernunft, Taschenbuchausgabe Berlin 2017 (aber vollständig, und richtig); Der Literatur-Tip in Nr.40 entfiel; Dafür wurden die nächsten beiden umso länger, zunächst Michèle Winkler: Jamila Baroni, Teilnahme verboten – G20-Protest und der Prozess von Fabio V., Münster 2020; Und off records noch ein Link-Tip, der Italo Calvinos unsterblichen Nachruf auf den ewigen Partisanen und Revolutionär Che Guevara von 1967 enthält (https://web.archive.org/web/20090209 175549/http://www.sodsbrood.com/proftodd/calvino/wordsfailed.htm);
Und im Februar 2021 schließlich brillierte der Literatur-Tip mit intersektionaler Klassenanalyse: In Europa einigermaßen bekannt gemacht hat die „intersektionale Klassenanalyse“ noch in den 80er Jahren Anja Meulenbelts „De ziekte bestrijden, niet de patiënt“ (Amsterdam 1986), das in D statt übersetzt mit „Die Krankheit bekämpfen, nicht den Patienten“ unter dem ebenso billig verklemmten wie schlüpfrig doppeldeutigen Titel „Scheidelinien“ (Reinbek 1988) erschien. „Über Sexismus, Rassismus und Klassismus“ und v.a. deren wechselwirkende Verschränkungsdynamiken hatte die Autorin schon vor Jahrzehnten Grundlegendes instruktiv zusammengeführt. In D-land ist der Ansatz dennoch eigentümlich unrezipiert geblieben, so dass derzeit zaghaft aufkommende Klassismus-Debatten wie ganz was Neues erscheinen, gerade vom heiteren Himmel herabgeregnet. Der Literatur-Tip empfiehlt aber mit bell hooks die gefühlt rechtmäßige Mutter aller Intersektionalen Klassenanalyse, die spätestens seit ihrem „Ain’t I a Woman“ (Boston 1981) systematisch rassisti-sche und klassistische Probleme in ihren schwarzen Feminismus einbezogen hat, ohne dabei ihre proleta-rische Herkunft samt spezifischer Diskriminierungserfahrungen je beiseite zu lassen. Nur wenig ist von ihr auf deutsch erschienen und das meiste davon vor Ewigkeiten im Orlando-Frauenverlag, unerhört vergessen auch das. Umso geiler, dass Unrast ak-tuell ihr „where we stand, class matters“ herausgebracht hat: bell hooks, „Die Bedeu-tung von Klasse“ (Münster 2020); Da staunt sogar die Washington Post: „Hooks ist oft erfrischend einfach, weil sie so deutlich sagt, was sie wirklich meint. Kein akademisches Geschwafel oder mystischer Jargon.“ Und für sowas lieben wir sie: „Ich bin dankbar dafür, dass ich von armen bäuerlichen Großeltern großgezogen wurde, die Felder bewirtschafteten und in vielerlei Hinsicht Selbstversorger*innen waren, sowie von Eltern, die zur Arbeiterklasse zählten, stolz darauf, hart und gut arbeiten zu können. Sie lehrten mich, Arbeit zu ehren, ob bezahlt oder nicht, die Armen zu lieben und alles von ihnen zu lernen, was sie uns über das Überleben lehren können.“
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