Supervulkan, Gutenacht. Geschichten zwischen Bergen und Meer, Dachsen und Wildschweinen, Siebenschläfern und Waldkäuzen / V

8.10.2023 silliguri LITERATUR-Tips aus der Natur

Eine der wiederkehrendsten Fragen an uns (d.i. Giorgio und Silvia und zusammen sind wir Grüne Matrix, klingt erstmal komisch… ist aber so) lautet: „Und was macht ihr dann abends?“ Im Herbst gar, wenn die Tage und deren Lichte immer kürzer werden? Mit dem Bücherlesen oder mehr noch dem Rezensionenschreiben ist es ein bisschen eng geworden im Lauf der harten Zeiten, die eine/n doch ganz schön fordern und zunehmend mehr statt weniger auszehren, wo noch dazu die Kräfte allgemein nachlassen. Supervulkan wie wir sind, brodelt’s aber noch gewaltig unten im Maschinenraum – und vor dem letzten „Gutenacht, schöne Gegend“ kesselt’s vorm und zum großen Kladderadatsch erstmal die „Campi Flegrei“ den Hohlglotzenden transmontan um die Ohren. Vielleicht.
___Auf unserer Seite der Alpen macht Italiens Supervulkan der Phlegräischen Felder momentan nicht nur im abendländischen Infotainment von sich reden, sondern mächtig konkret Alarm im Raum Pozzuoli/Napoli, wo 360000 Menschen der schon „gelb“ eingestuften Gebiete (und über 500000 der ggf. bei „rot“ Betroffenen) sich langsam mit den zwar existierenden, aber sicher update-bedürftigen Evakuierungsmaßnahmen vertraut machen dürften. Obwohl ein Supervulkan (in Europa gibt es bloß in Griechenland noch 2 weitere) ja abgeschlossen bis zu 10 km unter der Erde lebt, heißt er Über statt Unter, weil die potentielle Eruptionsmasse seiner Magmakammern die normaler Vulkane (solche mit offenem Schlot wie der nahegelegene Vesuv) um mehrere Hundert Kubikkilometer übertrifft und bis ins Vierstellige reicht, bei einer begleitenden Bombenstärke von 7-8 auf der neunstufigen 8er-Skala (0-8) des Vulkanexplosivitätsindex‘ VEI. Jetzt haben die supervulkanan Campi Flegrei wieder zunehmend heftige und immer dichter aufeinanderfolgende Erdstöße erfahren, deren Epizentrum in 2,7 km Tiefe im Golf von Pozzuoli ermittelt wurde. Die letzten erreichten bereits eine Bebenstärke von 4,2 und es ist nurmehr eine Frage der Zeit, wann die Decke nach 1538 doch mal wieder reißt. Die seit langem intensiv beobachteten, gemessenen und ausgeforschten Aktivitäten des Supervulkans ergeben in der brandaktuellen Gemeinschaftsstudie eines Teams aus UCL (University College London) und INGV (Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia, welches auch das Vesuv-Observatorium betreibt), dass die Zugfestigkeit der sich hebenden und senkenden Gesteinsdecke nur noch ein Drittel des 1984er-Wertes beträgt, als die letzte Unruhephase nach 2 Jahren sich wieder in die Ruhe senkte. Seit 2004 ist erneut Unruhe und Hebung, bis heute, wobei das Niveau von 1984 schon 2016 wieder erreicht wurde. Auch in den 50er und 70er Jahren war es zu solchen episodischen Bradyseismen gekommen, das Hafenstädtchen Pozzuoli (Namensgeber der Puzzolanerde, Schlüsselelement im „Opus Caementitium“) hat es in den letzten 70 Jahren dabei um netto 4 Meter angehoben. Die vom Supervulkan aus den Magmakammern nach oben gerülpsten Erdstöße wollen gar nicht mehr aufhören, allein im August wurden bereits 1200 registriert, stellenweise steigen auch schon Rauchsäulen aus dem Erdinneren und graue Tümpel bilden sich – alle Aktivitätswerte sind hoch wie nie und indizieren, „dass sich Campi Flegrei dem Bruch nähert“.[1] Es kann aber auch sein, dass ebenso diese Episode wieder abklingt. Oder nicht das gesamte Potenzial explodiert, sondern nur die oberen Magmaschichten den Druck im Kessel ablassend zur Eruption kommen. Der indonesische Supervulkan Toba hat vor 74000 Jahren jedenfalls den „genetischen Flaschenhals“ in der Menschheitsgeschichte verursacht, weil der ihm folgende „vulkanische Winter“ mit seiner globalen Abkühlung um 5°c nur noch wenige Exemplare übrigließ, mit entsprechend reduzierter Humanbiodiversität (sogar 3000 Jahre später gab es erst wieder 2000 Menschen weltweit).
___Vesuv, Pompeji… Kleckerleskram gegen so einen Kilowatz. Wer die solchermaßen im Supervulkan urgewaltig sich auftuenden Klimarettungs-, planetarisch-philosophischen oder weltrevolutionären Perspektiven vertiefen möchte, ist mit Robert Harris‘ kleingeistigem Klecker-Leskram POMPEJI nicht sonderlich gut bedient. Die „Gutenachtgeschichten“ sind ja immer noch Buchbesprechungen, also besprechen wir… was dem zum „Genie“ hochgejazzten Bestsellautor mit seinem historischen Romanversuch um seine als „reichste Stadt einer Weltmacht“[2] präsentierte Provinzmetropole im Untergang des Vulkanausbruchs anno 79 so alles miss- oder gelungen ist. Letzteres geht schnell: Ein spannender, flott weggeschmökerter Thriller (naja, was sich das biederbürgerliche Feuilleton darunter halt so vorstellt) um einen nach Pompeji versetzten 27jährigen Wasserbaumeister, der im Namen Roms die Nachfolge des auf mysteriöse Weise verschwundenen alten Aquarius in Kampanien antreten und sich dort v.a. um sich zuspitzende Knappheitsprobleme am weltlängsten Versorgungsaquädukt -der Augusta- kümmern soll. Er kommt nebenbei einem Verbrechen auf die Spur, auch eine Liebelei drängt sich noch in den engen Zeitplan des Helden Attilius, es fehlt nicht an Armen und Elenden, Reichen und Mächtigen, Hässlichen und Schönen – und der Oberböse ist ausgerechnet Pompejis heimlich-unheimlicher Herrscher, ein fantastillionenschwer aufgestiegener Ex-Sklave namens Ampliatus, Vater -natürlich- der schon angedeuteten Zweitheldin Corelia. Die Story ist solide gestrickt und leicht zu lesen, die Spannung wird clever gesteigert durch Attilius‘ doppelten Wettlauf gegen die Zeit – nämlich seinen auftragsgemäßen um schleunigste Wiederherstellung der während einer Trockenperiode gefährlich unterbrochenen Wasserversorgung des ganzen Gebiets einerseits; und andererseits jenem gegen den nur den Lesenden bekannten Countdown zum anrollenden Ausbruch des Vesuvs, dessen Warmlaufaktivitäen auch ursächlich sind für die in den Weiten des Augusta-Systems erstmal aufzuspürende defekte Schlüsselstelle des Aquädukts. Von 2 Tagen vor der Eruption (bei Harris am 22.8.79) bis zu deren letztem Tag (am 25.8.) findet sich die erzählte Zeit an jedem Kapitelbeginn und dann gar uhrzeitweise eingeblendet, so dass dem klassisch kompletten Krimi-Personal beim jeweiligen Treiben der Ahnungslosen mit der zusätzlichen Neugier zugeschaut werden kann, ob und wem welche Wohl- oder Missetat noch rechtzeitig glückt und was wer im Gelingensfall eigentlich noch davon hat.
___’POMPEJI‘, viel Rauch um… nichts. Doch kein Supervulkan, bloß so Durchschnittsroman geworden, dem Harris sein Werk. Das hat mehrere Gründe: Es hat Längen und Unstimmigkeiten, substanzielle Mängel und einen Autor, der mehr will als er kann. Natur- , Gelände- (und auch Eruptions-)beschreibungen geraten ihm derart umständlich wie Einem, der eben erst -vom lokalen Jäger etwa- erfahren hat, dass Italien kein Strand, sondern ein Wald ist und dazu nun jedes Detail auf- und nacherzählen muss. Zu lang und aufgepfropft auch die Versuche, technische und philosophische Diskurse aus überlieferten Quellen in die Handlung einzubauen, als ob darin lauter Ciceros unterwegs wären. Selbst die interessanten Infos zu Details altrömischer Wasseringenieurskunst oder Bau- und Materialgeschichte sind zu oft so sperrig in den Text integriert, dass die ihrem Gehalt als solchem durchaus innewohnende Spannung rasch verfliegt – und der Langeweile beim Hören eines brav gelernten und mit der drögen Beflissenheit des klassischen Strebers vermittelten Wissensvortrags weicht, der nun partout alle seine penibel recherchierten Neuheiten auch unterbringen muss; Sowas zerfasert den Blick auf Wesentliches und es passieren Unstimmigkeiten: Schon die Eingangsszene zeichnet das fehlgängige Bild eines altrömischen Superproletariats, das den Chef draußen im Feld auch 1:1 mal offensiv anmacht und sogar zu einem als Unfall tarnbaren lethalen Schubser in den Abgrund weitergehen würde. Im Subtext zeigt es allerdings viel vom Weltbild liberaler Upper-Class-Schmocks der Gegenwart und ihrer himmelweit verdrängten Höllenangst vor ebenso berechtigtem wie zornigem Aufstand der Unteren. Und seitenweise werden dem armen Attilius vom Autor per innerem Monolog von Anfang an die schwersten Brocken aufgelastet: „Er glaubte an Steine und Wasser und an das tägliche Wunder, das sich ereignete, wenn man 2 Teile gelöschten Kalk mit 5 Teilen Puteolanum -dem roten Sand dieser Gegend- vermischte und so eine Substanz erhielt, die unter Wasser zu etwas abband, das härter war als Fels.“(19) In der Mitte (177) wird dem ‚Villain‘ Ampliatus sogar die hirnrissige Sentenz „Einen guten Fick kann man nicht mit einem Preisschild versehen“ in den Mund gelegt (auch noch im Verheiratungsgespräch mit dem Bräutigam seiner Tochter – das muss an dessen niederer Abkunft liegen, wo Harris ebenso seine bourgeoisen Fantasmen über obszöne Fuckfingergestik bzw. Tittenrhetorik verortet) und der amtliche Obermilitär vor Ort, der hochgelehrte Plinius, aus dessen frühwissenschaftlichen Schriften Harris gern und viel zitiert, bekommt zum Schluss noch folgenden sehr heutigen Stuss als letzte Gedanken untergeschoben: „Die Menschen verwechselten Meinungen mit Verstehen. Und sie mussten sich immer in den Mittelpunkt allen Geschehens stellen. Das war ihr größter Dünkel. Die Erde erwärmt sich – es muss unsere Schuld sein! Der Berg vernichtet uns – wir haben die Götter nicht besänftigt! Es regnet zu viel, es regnet zu wenig – es ist tröstlich zu glauben, dass diese Dinge irgendwie mit unserem Verhalten zusammenhängen, dass, wenn wir nur ein bisschen besser, ein bisschen bescheidener lebten, unsere Tugenden belohnt würden[…] und er sah in ihrem Feuer die Vergeblichkeit menschlichen Strebens.“(372f) Was für eine abgeschmackte Abfeierei passiven Mittragens lasterhaft herrschender Verhältnisse, solange bloß die eigenen Privilegien noch reichen! Und wie billig Harris‘ modern-konformes Statement hier als Vermächtnis einer geschichtlichen Persönlichkeit in historisches Geschehen hineingefaket wird! Ein spannender historischer Roman mit Thriller-Elementen?
___Einer oberflächlichen Lektüre, die über Längen und Unstimmigkeiten hinweghuscht, mögen die substanziellen Mängel entgehen. Genau besehen gebricht es dem historisch nur fadenscheinig kostümierten Roman samt seiner instrumentalisierenden Moral von der Geschicht‘ nämlich am Format zum Durchdringen der Oberfläche, an Tiefe. Die reichlich unter der Erdkruste pulsierenden Themen und spannenden Fragen werden glatt übersehen und borniert verschenkt, stattdessen bosselt Harris des Langen und Breiten an einer eindimensional flachen Staffage aus Klischees und Pappkameraden herum, voluminös altrömisch angemalt zwar; aber keine Themabearbeitung und keine Figurenzeichnung gewinnt wirklich Kontur oder gar Plastizität, einschließlich des Helden und seines läppischen dunklen Geheimnisses, seiner seichten Frauenrollenreflektion und der bestenfalls oberflächlich -wenn überhaupt- motivierten Beziehungskiste mit Corelia (allein für das Verbrechen eines solchen Vornamens gehört der Erfinder in den Vesuv geschmissen). Einen historischen Roman über die unvorhersehbare Verletzlichkeit aller -auch der heutigsten- Imperien habe er schreiben wollen. Da hat er ins auserwählte Objekt seiner hochgeschraubten Begierde schon mehr hineininterpretiert als dieses tatsächlich hergibt. Und wo die literarischen Mittel so grade für marktgängige Bestseller reichen und der enge Horizont für eitlen Recherchefleiß und oberflache Spruchweisheit, regelmäßig goutiert von der eigenen Blase[3], da kreißte der Schlauberg und gebar eine Maus, die nichts über Pompeji und meistens bloß Ödes über die Vorstellungen des Autors von sich und der kleinen Welt seiner Peer group zu erzählen weiß.
___’SILBERSCHWEINE‘, ein Kriminalroman als Supervulkan – Lindsey Davis als erhellendes Gegenbeispiel: nach Anglistikstudium und langjähriger Diaspora in einem Brotberuf war sie ganz wie Harris erst Mitte ihrer Dreißiger zur Belletristik gewechselt; und hatte mit ihrem im Rom Vespasians anno 71 angesiedelten Reißer 13 Jahre zuvor schon demonstriert, wie solche Probleme der literarischen Bearbeitung eines historischen Stoffes besser gelöst werden und damit sogar einen supervulkanen Wuchtbrocken mit lebenslanger Fortsetzungspotenz in die Welt bringen können. Sie begnügt sich also mit einem stilechten Krimi, den sie erst gar nicht mit halbverdautem philosophistischen und legitimationsideologischen Bombast und gelehrtem Getue aufzublasen versucht. Wo sie höhere Lebensweisheiten unterbringt, macht sie das mit einer heiteren Leichtigkeit wie im ersten Satz, der den antiken Prä-Detektiv und Schnüffelhelden MCF kurz und würzig einführt: „Einige sind unter einem glücklichen Stern geboren; andere heißen Marcus Didius Falco.“ Den ständig klammen Helden mit der großen Klappe und den eminenten Nehmerqualitäten, der bei aller Prekarität seines schlechtbezahlten Daseins stur republikanisch die „stiff upper lip“ hochhält, verschlägt es -erstmals in kaiserlichem Auftrag und gut dotiert- nach Britannien, wo er früher schon mal als Legionär war. Auch hier geht es um Bewegungen im Erdinneren, allerdings bergwerklichen zur Silbergewinnung, bei der barrenweise und mit höchster Raffinesse das wertvolle Gut beiseite geschafft wird, worin letztlich auch Motivation und Schlüssel des gesamten rätselhaften Geschehens begründet liegen. Davis hat ihre historischen Recherchen zum Thema in allen Disziplinen mindestens so gründlich gemacht wie Harris, lässt sie aber nur unprätentiös nebenbei und wie von selbst passend einfließen. Ihre einfache Sprache bleibt dadurch ungestört im Fluss, leicht und angenehm. Harris‘ einfache Sprache wird oft gestelzt und gespreizt, wenn er z.B. aus der Stoffsammlung seines braven Recherchewissens doziert; und peinlich wie ein Steinbrück (der komische Kanzlerkandidat mit Fahrradkette und Fuckfinger), wenn er nach unten vulgarisieren will. Davis füllt ihren Kriminalromanrahmen mit leichter Hand, gekonnter Tiefe (ihre Figuren etwa leuchten von Lebendigkeit) und bloß gelegentlich etwas zuviel der fröhlich-ironischen Brechungen nicht nur aus, sondern übererfüllt ihn bis zum eruptiven Platzen mit einer scheinbar unkontrolliert aus der Geschichte selbst herauswachsenden Liebesgeschichte, die supervulkan über Krimi-Maß hinausgeht – und nicht weniger um Längen über die leere Liebelei in Harris‘ historischem Roman. Das macht die empathischen ‚Silberschweine‘ zu einem zeitlosen und auch mehrmals lesbaren Supervulkan, wohingegen ‚Pompeji‘ zwar von A wie Aquädukt bis Z wie Zeitlos literaturhistorische Gültigkeit mit jeder Zeile laut beansprucht, seine Lektüre aber staubt wie 100 Säcke Zement und am Ende doch gravitätisch zu Asche zerfällt.
___Was Davis erfolgreich empathisch, Harris vergeblich gravitätisch in die Gestaltung des historischen Stoffs einzubringen versucht, literarische Lebendigkeit nämlich in ein totes Stück Überlieferung, das zäumt Birgit Jaeckel in ‚DER FLUCH DER DRUIDIN‘ vom wissenschaftlichen Ende ihrer Fachkompetenz her auf. Ihr historischer Roman kommt so schonmal gar nicht gravitätisch daher, sondern grundsolide auf dem breiten Fundament einer akademischen Ausbildung in Ur- und Frühgeschichte ruhend und von dort mit hinreichend Witz und Schreibtalent als schöne und plastische, gelegentlich spannende Schmonzette zur Zeit des Kimbern- und Teutonenzugs vor über 2100 Jahren. Sicher löst auch die tapfere Frühgeschichtlerin das Problem eines jeden historischen Romans nicht, dass die Figuren alleweil so sprechen, als ob sie im 20. oder schon 21.Jahrhundert -hier auf deutsch- großgeworden wären. Dennoch ist das Ganze so anschaulich, interessant und tiefenscharf im historischen Kontext und in landschaftlicher Stimmigkeit auf die Leinwand geworfen, dass wir nicht kleinlich sein sollten. Einen Schritt oder zwei zurückgetreten – und wir können ein prächtiges Völkerbegegnungsgemälde mit weiblichen Hauptfiguren genießen. Und sportlich bleiben: Wer die Deutschen als Commissario Brunetti mag, kann sich auch mit Jaeckels Kimbern und Kelten vergnügen. Allen diesen 3 historischen Romanen gemeinsam sind ihre mitgedruckten Landkarten. Und das Leben im Berg spielt auf je andere Weise eine zentrale Rolle. Beides gilt auch für den vierten, den ‚ALMANACH DER TOTEN‘, der als historischer Roman die Geschichte des Beginns einer Zukunft erzählt, in der die weiße Herrschaft zusammenbrechend sich ausschleicht und die Weißen aus all ihren zusammengeraubten Latifundien sonstwo auf der Welt zurück in ihre abendländischen Löcher gejagt werden. Natürlich wissen außer der kolonialen Herrenrasse und ihrer globalen Ausplünderungsordnung subkutan alle schon längst Bescheid über die unausweichliche Historizität dieses nur scheinbar zukünftigen Ereignisses, das in Wirklichkeit irreversibel bereits abgeschlossen ist. Vor über 30 Jahren hat Leslie Marmon Silko diesen Supervulkan geschrieben, der den Kreis hier schließt und dem Wüten im Erdinneren seinen brandaktuellen Ausdruck verleiht als ein belsazarisches „Ende Gelände!“ für die weißen Misshandlungen und Missbräuche des Planeten und seiner Menschen. Was immer Norman Mailer und soviele andere mal mit ihrem Gerede vom Großen Amerikanischen Roman gemeint haben mögen „und wer ihn wohl meistern würde. Ich fand immer,“ notierte Meredith Tax 1991 in einer Rezension, „dass es durchaus mehr als nur einen geben könnte – diesen hier hat eine Frau geschrieben, und eine Indigene dazu.“ Die Erde erhebt sich, ihre Völker hören die Signale: Es bebt der ganze Rest der Welt und seine Menschen gehen in den Aufstand.
RESULTATE:
HARRIS, Pompeji, München 2003 – sofort weiterverkaufen.
DAVIS, Silberschweine, München 1996 (orig.1990) – erstmal besser behalten.
JAECKEL, Fluch der Druidin, München 2009 – siehe Erstbesprechung in: ‚Gutenachtgeschichten‘ I-2016
SILKO, Almanach der Toten, Hamburg 1994 (orig.1991) – niemals verkaufen.
Anmerkungen:
Für alle wertigen Texte und erst recht diese Buchbesprechungen gilt: kostenlos ist nicht umsonst und nur in ausgedruckter Form lassen sich alle Inhalte auch wirklich erfassen. Screenreading z.B. erlaubt bloß einen beschränkten Begreifnisumfang bei virtuell stark reduziertem Tiefgang. Wer sich das für den vollen Horizont ggf. erforderliche Editieren im Textprogramm (Kopieren, Einfügen, evtl. Umformatieren) sparen will, kann gegen eine Aufwandsspende von 6,- € SÄMTLICHE bisherigen Gutenachtgeschichten als Word.DOC erhalten, ausgedruckt per Post für 12,- € ==> Krämer, DE24 2004 1155 0163 2827 00, im Betreff „Literatur“ sowie je nach dem entweder eMail- oder Postadresse angeben!
[1] So Christopher Kilburn in erwähnter Studie „Potential for rupture before eruption at Campi Flegrei caldera, Southern Italy“ im Fachjournal Nature: Communications Earth & Environment am 9.6.23 (https://www.nature.com/articles/s43247-023-00842-1); Ausführlich zum Supervulkan berichtet hat am 28.9.23 auch die Tageszeitung il manifesto (S.9); Eine deutschsprachige WWW-Fachseite für vulkanologische Ersteinstiege wäre https://www.vulkane.net.
[2] Die Zitate sind dem Rückenumschlag entnommen. Dass er „ein Genie“ wäre, behauptet z.B. die Sunday Times, so eine Art Brit-BamS/WamS, für die Harris in seiner Zeit als Journalist u.a. auch kolumniert(e). Im bürgerlichen Pressewesen ist er ebensogut vernetzt und beliebt wie in deren Literaturkritikszene.
[3] Harris ist Liebling des gutbürgerlichen Feuilletons auch in D’land, wo er von Welt bis Zeit seitenweise Interviews geben darf, gerade weil seine gravitätisch so aufgeblasen vorgetragene liberale Küchenphilosophie ein riesiges legitimationsideologisches Bestätigungsbedürfnis dort befriedigt. Inhaltlich kommt er selten über Glückskeksweisheitsniveau hinaus und brilliert bloß, z.B. mit gespieltem Witz der Art „Ich finde Atheisten humorlos“ und diesem um sardonische Verschmitztheit so bemühten schrägen Lächeln im Gesicht, das die hybride Blasiertheit seiner Klasse nur noch deutlicher macht (https://www.zeit.de/2016/48/robert-harris-religion-konklave-interview). Seinen einstigen Busenfreund, den Lügenbold und Kriegsverbrecher Blair, hat er in ‚Ghost‘ immerhin literarisch „satirisch“ mal kritisiert und gelegentlich sagt er auch Vernünftiges (https://www.welt.de/kultur/article1285701/Tony-Blair-liest-keine-Romane.html). Dass er verdiente Parteigenossen wie Loach oder Corbyn jüngst vor den unter der falschen Flagge unsäglicher Antisemitismusdenunziationen während einer neo-blairistischen Säuberungskampagne gegen Labour-Linke losgetretenen Shit-Storms mal in Schutz genommen hätte, war allerdings nicht zu vernehmen.

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