Neu im Posto: OIKOS-Workshop Digital Detox out now!
Der agrarökologische Alltag auf unserem Posto Tra Monti e Mare im westlichsten Ligurien, wo die Seealpen so spektakulär schön ins Mittelmeer stürzen, ist von Haus aus ein motorenreduziert[1] anstrengender und handarbeitsbedingt entschleunigter, der seine besonderen Ruhepausen erfordert und hier am Puls der Natur solche auch in inspirativ bereichernder Form ermöglicht. Natürlich nutzen wir selber ebenso Photovoltaik oder Internet, aber eben unter anderem sowie im Rahmen und als Mittel unsres Projekts – nicht als Selbstzweck oder als ferngesteuerte Marionetten, die gar nicht mehr anders können. Wie die Dinge dann laufen und v.a. wann welche genau, hängt stets von äußeren Gegebenheiten (des Wetters, der Saison, der Ressourcenlage…) und sich ergebenden Gelegenheiten ab – nicht immer günstigen.
Wenn z.B. der Wechselrichter des wichtigsten unserer 3 einzelnen Solarstromsyteme -2 davon lediglich für Licht-und Leichtladebetrieb- nach 13 treuen Dienstjahren das Zeitliche segnet (sozusagen das hintere untere Ende der Badewanne erreicht hat), eröffnet sich ein schwieriger und langwieriger Weg der Ersatzbeschaffung: Ein ständig leerer Notebookakku erschwert gescheite Produktrecherche im Internet, bei Grauwetter lädt die mobile Solarpowerstation auch nicht mehr wirklich, kein Paketdienst fährt hier hoch ins Oxentinatal und Lieferungsadressänderungen zum Abholen sind auch digital schon ein Kunststück, das taugliche Gerät muss auch noch aus D bestellt werden, die nach gut 2 Wochen endlich erhaltene Sendung hat einen Sturzschaden, nochmal Retoure und woanders dasselbe ordern, wieder mit dem künstlich beschränkt intelligenten Bruchpilotenservice UPS… Da vergehen schnell mal 4-5 Wochen für ebbes, das die meisten als eine bequeme Sache von maximal 4-5 Tagen ansehen. Und es öffnet sich ein breites Zeitfenster zur Anderswelt, um Digital Detox in radikal rustikaler Verschärfung nicht nur zu bedenken oder zu belabern, sondern in echt zu begreifen und zu praktizieren. Drittens nämlich wird der Lauf unserer Dinge hier nicht von erlesenen Schriften und geheiligten Modellen aus Theorie, Esoterik oder Wunschdenken bestimmt, sondern hängt von unserer jeweils sehr individuellen Vor-Ort-Situation ab.
Digital Detox fängt bei uns schon im weitgehenden Verzicht auf Motorkraft an. Es schließt elektrisch betriebene Geräte ein (auch bei solarer Stromerzeugung). Und hört bei i.e.S. digitalem oder digitalisierendem Chip- und Computerkrempel noch lange nicht auf. Digital Detox meint ebenso die Vergiftungs-, Verblödungs- und Suchterzeugungswirkungen incl. Vereinsamung, Depression, nicht zuletzt sozialer „Arschlochwerdung“[2]. Und ebenso ebenso den persönlichkeits- wie menschheitsauflösenden, natur- und erdzerstörenden Gesamtansatz dieses Digitalisierungsimperialismus‘. Für nichts ist ‚Digital‘ eine annehmbare Lösung, auch für eine global anzustrebende Ökologisierung nicht. Im Gegenteil wird jedes komplexere Problem ‚digital‘ noch multipliziert statt gelöst – jedenfalls vom allgemeinen Nutzen des Planeten und seiner Bewohnenden aus betrachtet und beurteilt.
UNSER Digital Detox steht mit Ivan Illich für eine „Erneuerung asketischer Praktiken, damit unsere Sinne in den durch die ‚Show‘ verwüsteten Welten, inmitten überwältigender Informationen, lebenslänglicher Beratung, Intensivdiagnostik, therapeutischem Management, Invasion von Beratern, Terminalpflege, Geschwindigkeit, die einem den Atem raubt, lebendig bleiben.“ Wie bei allen unseren OIKOS-Workshops (unsere haushaltungsbezogenen Workshops besingen Oikos freilich nicht als „das bisschen Haushalt“ entfremdeter Spießbürger/innen und verblödeter Schlagerbacken abendländischer Gegenwart, sondern rufen damit das klassische Konzept des „Ganzen Hauses“ auf, das in einen selbstversorgerisch-subsistenziellen Kontext eingeordnet die Basis autarken und selbstbestimmten Lebens bildet) dreht es sich um Befreiung vom Tropf des herrschenden Konsumsystems durch Rückeroberung unserer grundlegenden Selbstmach-Kompetenzen. Dafür brauchen wir keinen vorbestimmenden Theoriekurs und auch kein Zertifikatserwerbsseminar wie z.B. bei diesem praktisch mal guten, aber marketingmäßig verdorbenen Permakultur-Design; sondern erlebte Praxis mit konkreten Beispielen aus der Welt wirklicher, analoger Arbeit wie z.B. Obst- und Gartenbau, silvane Sammelgänge, Konservierungstechniken, Kräuterverarbeitung, Mauerarbeiten, Energieversorgung, Tierhaltung, Seifenherstellung, Bierbrauen aus ureigensten Kräften. Es geht um Horizonterweiterung in tätiger Perspektive, um den diogenesischen Wegschmiss auch noch der allerletzten Trinkschale, nachdem der praktische Philosoph der Konsum- und Systemverweigerung, Geistesvater aller Punks und Bürgerschrecks beobachtet hatte, dass ein Hund sogar ohne eine solche Wasser fassen kann, um ein zu gewinnendes frohes, freies, autonomes, pasolinisch armes, ein gutes Leben i.S.v. „Buen Vivir“[3]. Wie alles auf der Welt -außer in Fettlebistan- ist sowas mit sehr viel Arbeit verbunden und fällt nicht durch ein meditatives Wolkengekitzel mit Seelebaumelnlassen vom Himmel.
In DIESEM Kontext vermittelt der Digital Detox-Workshop Kenntnisse und Fertigkeiten für den eigenen Weg der Entgiftung und Bewältigung von i.w.S. digital eingehandelten Beschädigungen bis hin zur Überwindung des damit verbundenen Herrschaftsverhältnisses. Digital Detox ist eineinhalbtägig und enthält dabei eine Übernachtung im Matratzenlager bei Selbstverpflegung. Digital devices können mitgebracht werden, dürfen aber ausschließlich feierabends im/am Matratzenlager verwendet werden und müssen bei Bedarf aus eigenen Ressourcen aufgeladen werden. Jenseits der Selbstverpflegung für 2 Tage (Kurszeit von 10-18 bzw, 10-14 Uhr) können auch die hier produzierten Leckersachen aller Art noch angeboten werden. Die aus dem reichlich vollen Fundus im Posto TMM geschöpften Praxisbeispiele selbsttätiger Emanzipation aus digitaler Zombifizierung variieren nach Saison und Situation – es wird aber stets an mindestens 3 Exempeln gearbeitet, demonstriert und eingeübt: Wer will, kann hier also nicht nur Erkenntnisse, Kräfte und Inspirationen tanken, sondern sich auch 3 digitale Detoxscheiben für die Rückkehr in den Alltag daheim abschneiden, die dort „nachhaltig“ weiter anzapfbar bleiben. Zu Kostenbeiträgen und weiteren Infos siehe die Unterseite OIKOS auf unserer Homepage „liguri.info“!
Anmerkungen:
[1] Zum Thema „Motornutzung“ versteckt sich vieles an vertiefenden Antworten auf der Unterseite ENTSCHLEUNIGUNG unserer Homepage „liguri.info“ – und dort per Klick auf FAQ;
[2] So nennt J.Lanier diesen Dehumanisierungsprozess im Getriebe der Social Media – luzide beschrieben in seinem Büchle Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst, Hamburg 2018;
[3] Mit Diogenes wird’s praxis-philosophisch, mehr dazu auf der Unterseite CRUSTCORE unserer Homepage „liguri.info“; Pasolinis Armutsbegriff und „Buen Vivir“ stehen ähnlich wie „Degrowth“ ebenfalls für Konzepte, denen unser eigener Zugang ziemlich verbunden ist. Zu Pasolini erschien unter dem Titel 95 Jahre PPP: „Es lebe die Armut! Es lebe der komm. Kampf für die lebensnötigen Dinge!“ im Newsletter 26 (Feb.2017) mal eine ausführliche Würdigung. Erste Orientierung zum ‚Guten Leben‘ (orig. Quechua: sumak kawsay) im „Blockbuster-Buch“ (I.Wallerstein) des globalhistorischen Soziologen B.S.Santos: Epistemologien des Südens (Münster 2018); auch hier im Ligu-Blog gab’s schonmal was zu Digital Detox: OIKOS-Workshop, BUEN VIVIR im Sinn – im Dez.2021, was zeigt, wie lange doch gut Ding so seine Weile braucht;
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